Abfallerzeuger- und Abfallbesitzerpflichten (Teil1)

Ersterzeuger, Zweiterzeuger, Besitzer, Verantwortlichkeit und Hierarchie

Im Abfallrecht gilt gemäß §22 KrWG die sogenannte andauernde Verantwortung. Abfallerzeuger und -besitzer bleiben verantwortlich, bis die ordnungsgemäße Entsorgung abgeschlossen ist. Die andauernde Verantwortung im Abfallrecht endet nicht mit der Beauftragung eines Dritten, beispielsweise eines Entsorgungs- oder Abbruchunternehmens. Der Dritte übernimmt nämlich nur die Erfüllung der Pflichten - nicht jedoch die Pflicht selbst. Die Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Pflichten bleibt hiervon unberührt und solange bestehen, bis die Entsorgung endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossen ist.

“Wilde” Abfallablagerungen auf einem Grundstück durch Unbekannte: Im abgebildeten Beispiel wurde der Grundstückseigentümer Abfallbesitzer. Er trägt alle Pflichten nach dem Gesetz und die Kosten der Entsorgung.

Baustellencontainer der sowohl naturbelassenes Vollholz (Kategorie A I) als auch Brandholz enthält. Gemäß Altholzverordnung Anhang III ist Brandholz im Regelfall der Kategorie A IV zuzuordnen und als gefährlicher Abfall unter der AVV 17 02 04* zu entsorgen. Neben der Pflicht zur Getrennthaltung der unterschiedlichen Kategorien besteht ein Vermischungsverbot für gefährliche Abfälle. Verantwortlich sind der Auftraggeber als Abfallerzeuger wie auch das Bauunternehmen als beauftragter Dritter und Besitzer.

Wer ist Abfallerzeuger oder Abfallbesitzer?

(Erst-)Erzeuger von Abfällen ist jede natürliche oder juristische Person, durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen. Dabei derjenige Abfallerzeuger, der als Inhaber der Sachherrschaft die letzte Ursache für die Abfallentstehung gesetzt hat. Beispielsweise ist in der Regel der Bauherr oder Eigentümer als Auftraggeber der Abfallerzeuger der Bau- und Abbruchabfälle und nicht der beauftragte Auftragnehmer. Ausnahmen von dieser Regelung sind nur möglich, wenn der Auftragnehmer die alleinige Sachherschaft über die Abfälle und die eigenverantwortliche  Herrschaft über den Entsorgungsvorgang ausübt, er nicht weisungsgebunden ist, die Abfallentsorgung tatsächlich seiner Risikosphäre zuzuordnen ist und wirksame vertragliche Regelungen getroffen wurden. Abfälle aus dem Betrieb der Baumaschinen (Schmierstoffe, Aufsaug- und Filtermaterialien, etc. ) sowie Abfälle aus der Baustelleneinrichtung hingegen unterliegen der Entsorgungsverantwortung des Auftragnehmers. Oftmals wird versucht, die Entsorgungsverantwortlichkeit des Auftraggebers durch Vertrag auf den Auftragnehmer zu übertragen. Vertragliche Regelungen wie bspw. “der Auftragnehmer ist Abfallerzeuger” oder “das Abbruchmaterial geht ins Eigentum des Auftragnehmers über und ist auf dessen Kosten zu entsorgen” sind in den meisten Fällen unwirksam. Die Vertragsparteien können öffentlich-rechtliche Vorgaben nicht zivilrechtlich abändern. 

Zweiterzeuger ist, wer Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vornimmt, die eine Veränderung der Beschaffenheit oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken (§ 3 Abs. 8 KrWG). Dieses ist häufig dann der Fall, wenn in unterschiedlichen Behandlungsanlagen jeweils einzelne Teilbehandlungsschritte durchgeführt werden (beispielsweise: Brechen, Eisen- und Nichteisenabscheidung, Vermischung- und Konditionierung, etc). Auch durch eine Vorbehandlung, Behandlung oder Vermischung endet die Verantwortung des Ersterzeugers nicht bzw. nicht immer. Vielmehr heißt es im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.06.2007, dass bei einer Vermischung der Abfälle mit Abfällen gleicher Art durch einen beauftragten Dritten jeder entsorgungspflichtige Abfallerzeuger für (s)einen Anteil an der Gesamtmenge des vermischten Abfalls verantwortlich bleibt.

Besitzer ist jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat (§ 3 Abs. 9 KrWG). Auch wenn es nicht unserem Rechtsverständnis entspricht: Anders als im Zivilrecht setzt Abfallbesitz keinen Besitzbegründungswillen voraus, d.h. sie können Abfallbesitzer wider Willens werden und haben alle damit verbunden Pflichten nach dem Gesetz zu erfüllen. So werden Sie z.B. zum Abfallbesitzer, wenn Abfälle gegen Ihren Willen auf Ihrem nicht allgemein zugänglichen Grundstück abgelagert werden oder Ihnen ein Mietobjekt nebst des darin enthaltenen Abfalls zurückgegeben wird. Zwar sind Sie nicht Abfallerzeuger, aber Grundstücks- und Abfallbesitzer und damit Zustandsstörer. Wird eine Gefahr durch den Zustand eines Grundstücks verursacht, kann die Behörde gegen den Grundstückseigentümer vorgehen. Zwar muss die Behörde im Rahmen ihres Ermessens prüfen, ob sie nicht vorrangig gegen den Abfallerzeuger vorgeht, in der Praxis ist dieser jedoch häufig unbekannt oder mittellos. Der geschädigte Eigentümer hat zwar einen zivilrechtlichen Anspruch gegenüber dem Verursacher, in der Praxis ist dieser jedoch in den meisten Fällen wertlos.

Wer ist verantwortlich?

  • der Abfallerzeuger bzw. Abfallbesitzer (auch ein frührer Besitzer) bleibt weiterhin verantwortlich, bis die Abfälle ordnungsgemäß entsorgt sind
  • Zweiterzeuger und sowie Dritte als neue Besitzer sind nebeneinander verantwortlich

Neben der sich aus Gesetz und Rechtssprechung ergebenden Sorgfaltspflicht sollte die andauernde Verantwortung Anlass genug sein, gewissenhaft bei der Auswahl Dritter vorzugehen. Dieses bezieht sich sowohl auf die Auswahl potentieller Dienstleistungs- und Entsorgungsunternehmen als auch sonstiger Dritter (wie bspw. Mieter), da sie schlechtestenfalls für deren Fehlverhalten einstehen müssen. Oder wie es der Jurist ausdrückt: verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung. Übrigens: Behördliches Fehlverhalten oder Überwachungsdefizite ändern nichts an der grundsätzlichen Verantwortung der Zustands- oder Verhaltensstörer. Auch begründen Sie keine eigene Störerhaftung der Behörde.

Grafische Darstellung der Abfallhierarchie

Rangfolge der Maßnahmen

1. Vermeidung,
2. Vorbereitung zur Wiederverwendung,
3. Recycling,
4. sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung,
5. Beseitigung.

Bei der Erzeugung und  Bewirtschaftung von Abfällen soll die Maßnahme Vorrang haben, die unter Berücksichtigung des Vorsorge- und
Nachhaltigkeitsprinzips den Schutz von Mensch und Umwelt am besten gewährleistet. Für die Bemessung der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt ist der gesamte Lebenszyklus des Abfalls zu berücksichtigen, insbesondere:

  • die zu erwartenden Emissionen,
  • das Maß der Schonung der natürlichen Ressourcen,
  • die einzusetzende oder zu gewinnende Energie sowie
  • die Anreicherung von Schadstoffen in Erzeugnissen, in Abfällen zur Verwertung oder in daraus gewonnenen Erzeugnissen.

Die technische Möglichkeit, die wirtschaftliche Zumutbarkeit und die sozialen Folgen der Maßnahme sind zu beachten.

Wird von den Vorgaben der Hierarchie abgewichen, hat der Abfallerzeuger oder -besitzer darzulegen, dass die gewählte Maßnahme hinsichtlich des Schutzes von Mensch und Umwelt als besser oder gleichrangig zu betrachten ist. Genügen er der Darlegungspflicht nicht, so gelten die allgemeinen Vorgaben des Gesetztes. 

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